„Kunst machen war immer das einzige Ziel, mein Ziel“

Ein aufschlussreiches Interview von Horst Naruga aus dem Jahr 2006 für das Kunst-Magazin „Palette“ führt direkt in MAKSA’s Welt. "...ich hatte nie eine Idee von einer anderen Tätigkeit. Kunst machen war immer das einzige Ziel, mein Ziel."

Horst Naruga: Maksa, die Malerei ist Dein Leben, so kann man doch sagen, oder?
Maksa: Für mich ist die Kunst in all ihren Formen Lebensinhalt. Ob ich male oder eine Performance mache. Ich wollte schon immer, schon als Kind, Kunst machen und ich hatte nie eine Idee von einer anderen Tätigkeit. Kunst machen war immer das einzige Ziel, mein Ziel.

H.N.: Viele denken, Künstler sind glückliche Menschen, die selbst ihr Schicksal entwerfen und es leicht im Leben haben. Würdest Du diesem Klischee zustimmen?
Maksa: Ein Künstler kann sich selbst verwirklichen. Man ist nicht wirklich fremdbestimmt. Das ist ein Glück, aber ich habe noch keinen Künstler getroffen, der es leicht in seinem künstlerischen Leben hatte.

H.N.: Wie kamst Du zur Malerei, wie hast Du gespürt, dass das für Dich das Richtige ist, warum malst Du?

naruga maksaMaksa im Atelier bei der Arbeit
Maksa:
Malen war für mich immer schon ein Mittel um mein Leben zu bewältigen. Mit der Malerei habe ich meine Konflikte, meine Probleme, meine Ängste bewältigt. Ich habe mit dem Papier und durch das Papier kommuniziert und ich tue es noch heute. Das Papier, die Leinwand war für mich immer mein vertrautes und sehr intimes Gegenüber. Die Kunst war und ist mein Ausdrucksmittel. So war ich, besonders als junger Mensch, immer unabhängig von der Umwelt und frei von anderen Menschen. Ich vertraute meinen Buntstiften tiefer als anderen Menschen.

H.N.: Also kann man sagen, dass für Dich Künstler zu sein bedeutet glücklich zu sein?
Maksa: Ja, manchmal sogar sehr, wenn nicht zu viele Schwierigkeiten auftreten.

H.N.: Wo liegen für Dich die Quellen Deiner Bilder?
Maksa: Sie liegen in meiner Kommunikation mit und durch die Bildoberfläche. Daher spiegeln die Bilder das Innere, das ganz Private und Intime wieder. Aber das ist doch immer so. – Denke ich –. Daher ist Kunst für mich immer intim und es ist eine Möglichkeit zur ganz persönlichen Kommunikation. Und so muß man wohl auch meine Bilder interpretieren. Also, meine Bilder kommen aus mir selbst, sie entstehen im Inneren. Wer sie versteht kann tief in meine Seele sehen.

H.N.: Dein Studium war von der realistischen Schule geprägt, aber Du fandest für Dich den Weg zur Abstraktion.
Maksa: Ja, weil in der Widersprüchlichkeit sich die Triebkraft der Kunst befindet. Außerdem, viele die sich mit der Abstraktion auseinandersetzen, wissen wie viel darin Realismus steckt und wie sehr sie miteinander verbunden sind.

naruga 3 bilder"Roter Wind", 2001 und "Labyrinth", 1999 (beide 100 x 150 cm), "Listopad", 2000 (42 x 59 cm) H.N.: Maksa, was bewegt Dich als Künstlerin?
Maksa: Das Leben – und meine individuelle Wahrnehmung desselben, und damit arbeite ich...

H.N.: Und wie gehst Du an die Kunst heran?
Maksa: Ich mache keine Skizzen und bin jedes Mal vor dem großen weißen „Nichts“ sehr aufgeregt. Die Aufregung bleibt auch während des Arbeitens.

H.N.: Wie sollte man mit Deiner Kunst umgehen: sie ernst nehmen oder lieber mit Humor herangehen?
Maksa: Jeder soll selbst entscheiden. Humor ist für mich ein hochintellektueller Blick auf die Realität und gleichzeitig ernst, eben beides.

H.N.: „Urkeime“ ist der Titel Deiner letzten Ausstellung, worauf spielst Du damit an?
Maksa: Auf die vorhergehenden Bilder. Die dort dargestellten Punkte sind nun größer, inhaltlicher, idealistischer geworden. Diese atmen für mich etwas zeitloses Ursprüngliches und Ewiges. Sie stehen für den Anfang des Lebens. Es sind eben „Urkeime“, feste, gehaltvolle Objekte, die aber gleichzeitig schwerelos im Raum schweben und nicht landen. Sie werden von harten graphischen Schatten begleitet, die stachelig und fremd sind. Absichtlich lasse ich hier den euphorischen Traum mit der harten Realität zusammenstoßen.

H.N.: Die Bilder lässt Du mystisch leuchten. Welche Rolle spielt hier das Umfeld und die Farbe?
Maksa: Das Umfeld ist entscheidend und spielt eine sehr wichtige Rolle, es ist die Lebensumgebung für die gemalten Gegenstände, Figuren, Objekte. Farben dagegen sind bedingt, denn Farbe ist kein Ziel, sondern Mittel. Ziel ist die Wechselbeziehung.

H.N.: Was sagst Du denn, wenn gesagt wird, dass Deine Bilder manchmal an Gerippe erinnern oder Labyrinthe?
Maksa: Sind das nicht gleiche Dinge? Beides verwobene und geheimnisvolle Pfade oder Gerüste. Das trifft schon den Lebenskern. Das trifft auch manchmal die Titelfindung. Durchaus wähle ich Assoziationen; selten betitele ich ein Bild vordergründig direkt. Man muß schon überlegen wie man dem Labyrinth der Titel-Assoziation entkommt, wie auch dem richtigen Labyrinth.

H.N.: Deine Kunst erlebt eine ständige Metamorphose. Wie schaffst Du das, immer neue Ideen zu entwickeln?
Maksa: Für mich werden die Themen aus dem Leben herausgeboren. Dabei beginnt man nicht bei Null. Das „Alte“ ist dabei der fruchtbare Boden aus dem das Neue entspringt. Aus Punkten werden „Urkeime“.

H.N.: Wie siehst Du Dich? Als russische Malerin die in Hamburg lebt, oder als deutsche Malerin? Oder als europäische Malerin, oder gar als Weltbürgerin?
Maksa: Als Künstler fühlt man sich einsam. Fremdsein in der Welt ist für mich normal. In meinen Bildern bin ich zu Hause, das ist unabhängig vom Ort. Daher ist es für mich als Künstlerin egal wo ich lebe, ob im Ural, in St. Petersburg oder in Hamburg.

H.N.: Was bedeutet für Dich, im Rahmen Deiner Kunst, der Zeitgeist?
Maksa: Na ja, man ist immer auf der Suche nach Neuem. Man möchte schon Ideen und Formen, die keiner vorher benutzt hat, schaffen und Techniken nutzen, die neu sind. Und insofern wird man schon auch vom Zeitgeist beeinflusst.

H.N.: Zeitgenössische Kunst ist derzeit gefragt. Der Kunstmarkt boomt trotz wirtschaftlicher Krise, die Künstler werden dabei oftmals als Pop-Ikonen gefeiert. Empfindest Du das als positiv oder negativ?
Maksa: Es ist gut wenn Kunst gefragt ist, aber oftmals ist es für den Künstler wie eine Lotterie, ob er Anerkennung findet oder nicht. Der Künstler ist dabei Objekt der Kommerzialisierung.

H.N.: Brauchst Du denn nicht auch Anerkennung?
Maksa: Nicht von jedem und nicht ständig. Aber ich möchte schon wissen, ob ich mit meiner Kunst jemanden erreicht habe, ob ich mit meiner Kunst auch mit anderen kommunizieren kann. Das ist mir schon sehr wichtig.

H.N.: Seit einigen Jahren gibst Du Malunterricht, was sind Deine Erwartungen an die Teilnehmer?
Maksa: Ich freue mich, bei den Teilnehmern das authentische künstlerische Potential zu entdecken, es zu unterstützen. Die Entwicklung der Teilnehmer zu erleben ist für mich ein Vergnügen.

H.N.: Danke, Maksa, für das Gespräch.